Anicht Druck
Historypop

Jahresgabe 2015 für den Neuen Aachener Kunstverein

Serie, 3 Motive, C-Print kaschiert auf Papier mit Texten als Tintenstraldruck
43 x 61 cm, Auflage 5 Stck + 1 AP

Motiv 1 --------------------------------------> Motiv 2 -------------------------------------->

Text:

Unbeirrbar, wenngleich wohlwollend blickt die fast drei Meter hohe, dunkelbraune Bronzefigur George W. Bushs von ihrem steinverkleideten Sockel aus über den Platz. Haltung und Gesichtszüge sind dem Habitus des ehemaligen amerikanischen Präsidenten naturalistisch nachempfunden. Seine linke Hand ist zu einem staatsmännisch-routinierten Gruß erhoben, Hemd und Hose hingegen wirken eher hemdsärmelig und leger modelliert – und verleihen dem Monument so eine handfeste Volksnähe.
 
George W. Bush, inzwischen berüchtigt für die von ihm gemalten Porträts anderer Staatsmänner, hat die befremdlich anmutende Figur vermutlich nie selbst gesehen, denn sie steht in Fushë-Kruja, einer Kleinstadt mit circa 18.000 Einwohnern in Zentral-Albanien. Bush hatte die ehemalige sozialistische Volksrepublik am 10. Juni 2007 als erster amtierender US-Präsident in der Geschichte des Landes besucht. Entsprechend zelebrierte Albanien Bushs Ankunft mit großem Aufwand, und in Fushë-Kruja wurden eine Straße und ein Platz nach ihm benannt. Das Denkmal selbst erfuhr bereits kurz nach Bushs Abreise seine Einweihung, und zwar zu Ehren seines 65. Geburtstages am 6. Juli desselben Jahres. Während seines Besuches hatte sich George W. Bush klar für die Unabhängigkeit der serbischen Provinz Kosovo ausgesprochen und sich mit dem Versprechen verabschiedet, dass sich die USA um eine Lösung im Rahmen der Vereinten Nationen bemühen würden.

Die aktuell immer noch zelebrierte Freundschaft zwischen Albanien und Amerika wird von einigen europäischen Ländern mit Erstaunen und Skepsis betrachtet. Deren Geschichte beginnt jedoch bereits mit der ersten Auswanderungswelle von Albanern nach Amerika Ende des 19. Jahrhunderts. Mit der Zeit bildeten die Auswanderer eine aktive politische Minderheit. Dies hatte unter anderem zur Folge, dass Albanien im ersten Weltkrieg humanitäre Hilfe von den USA erhielt und bei der Verteidigung seiner gefährdeten Eigenstaatlichkeit politisch unterstützt wurde. Auch das fast schon paradox wirkende Fehlen von Antisemitismus im mehrheitlich muslimisch geprägten Albanien ist wichtig für die albanisch-amerikanische Freundschaft. Das Land stand im zweiten Weltkrieg zwar zeitweise unter deutscher Besatzung, jedoch rettete die traditionelle Gastfreundschaft und der Ehrenkodex „Besa“, nach dem jedem Gast in einem Haus Schutz gewährt werden muss, circa 2000 geflohenen Juden das Leben.

Das heutige Engagement der USA in Albanien ist keineswegs selbstlos, vielmehr beruht es auf strategischen Zielen. Albanien und der Kosovo waren aufgrund ihrer geostrategischen Position im Westbalkan bereits in Zeiten des „War on Terror“ wichtige Partner und sind es immer noch. Beide Länder hatten sich aus Überzeugung  als Nato- beziehungsweise US-Militärstützpunkte angeboten. Im Kosovo existiert bis heute die große US-Militärbasis „Camp Bondsteel“, die der ehemalige Menschenrechtsbeauftragte des Europarats, Álvaro Gil-Robles, aufgrund der dort beobachteten Zustände als „Little Guantanamo“ bezeichnet und deren Schließung er gefordert hatte.

So nimmt es nicht weiter Wunder, dass George W. Bushs Europareise in weiten Teilen von Protesten gegen ihn geprägt war, während er in Albanien ein ausgiebiges Bad in der Menge genießen konnte. Nur eine kleine Anekdote überschattete den Besuch, vermisste der Präsident doch am Ende des Auftritts seine Armbanduhr. Kurz nach seiner Rückkehr in die USA wurde der Zwischenfall aber durch eine Meldung des Weißen Hauses entschärft: Der Präsident hatte seine Uhr zu Hause liegenlassen.

 
 
 
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