In der Nacht vom 2. auf den 3. April 2011 wird dem Denkmal August des Jüngeren auf dem Marktplatz in Wolfenbüttel unangekündigt eine bronzene Figur hinzugefügt und fest mit ihm verschweißt. Auf dem Pferd hockt nun ein merkwürdiges, mit einem Umhang bekleidetes Zwitterwesen.
Über die Autor*innen und Herkunft der Figur bleibt die Öffentlichkeit im Unklaren.
Eine Woche nach dem Eingriff in das Monument wird in der Braunschweiger Zeitung und im Wolfenbütteler Anzeiger ein Rätsel mit dem Hinweis veröffentlicht, dass das Herzog-August-Denkmal erst wieder in seinen originalen Zustand zurückversetzt wird, wenn es jemandem gelingt, das Rätsel zu lösen.
Die 23 Fragen des Rätsels beschäftigen sich mit der Wahrnehmung des Denkmals und dessen Vermittlung in der Stadtöffentlichkeit. Sie fokussieren dabei auf wenig in der Öffentlichkeit besprochene Aspekte der Geschichte des Herzogs wie die unter seiner Regentschaft forcierte Hexenverfolgung und stellen diese in Bezug zu zeitgenössischen Fragen der Minderheitenverfolgung und Identitätspolitik. Je mehr die Bürger*innen an der Lösung des Rätsels arbeiteten, desto mehr wurde der Kontext und damit der Grund für die Existenz des Geistreiters entschlüsselt und dessen Rolle für die Identität der Bürgerinnen und der Stadt neu verhandelt.
Auch die Entstehungs- und Produktionsgeschichte des Denkmals war Teil des Projekts. Zunächst aus der Notwendigkeit heraus die Tragfähigkeit des Denkmals zu untersuchen, wurde in enger Zusammenarbeit mit Elisabeth Vorderwüllbeke eine genaue Recherche zur Produktionsgeschichte des Denkmals betrieben. Einerseits konnte hierdurch die Hypothese widerlegt werden, dass es sich um eine dünnwandige Kupfertreibearbeit handelt und damit Zweifel an der Tragfähigkeit für die zusätzliche Figur ausgeräumt werden. Andererseits konnte dem Gedächtnis der Stadt nach Auffinden einiger Unterlagen im Stadtarchiv und weiterer Recherche im Archiv des Herstellers die tatsächliche Geschichte der Herstellung der Figur als zeittypische Galvanoplastik bei der Firma WMF zurückgegeben werden. Diese ist insofern interessant, als dass sie ei ne heute nicht mehr angewandte Methode zur Herstellung von Denkmälern aus Kupfer in die Diskussion bringt, die ihre Anwendung in einer Zeit der massenhaften Bestückung der Stadträume mit Monumenten fand.
© 2011 Ulrich Genth u. Heike Mutter
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